katarina spielmann verortet uns mit ihrer ausstellung „living safeland“ im spiel des lebens: bunt, organisch, chaotisch und zugleich voller regeln, die beengen und unaufhaltsam gebrochen werden. so auch sprengt spielmann den rahmen der malerei, übersetzt das bild in den raum und rückt den betrachter ins bild. die gewohnten richtlinien halten nicht mehr und die grenzen verschwimmen. are we still safe?
doch beginnen wir die geschichte von anfang an: ein kleiner raum setzt die erste szene. spielmann überträgt hier ihre malerei in eine art tableau vivant und bittet uns als mitspieler herein. zeitgleich steigt eine figur aus ihrem gemalten setting in den raum, wo sie als objekt erstarrt und auf zwei filigranen beinen stehend zu kippen droht – ein instabiles moment, das spielmann in ihren arbeiten mehrmals wiederholt und ein motiv, das die gewohnte sicherheit infrage stellt. spielmanns arbeiten treten uns auf augenhöhe gegenüber und fordern uns heraus. offen ist das verhältnis von betrachter*in und bild. als eingangsfigur werden realität und fiktion miteinander verflochten. spielmann schafft ein lebendiges spiel verschiedener wirklichkeiten und wir sind eingeladen das eröffnete feld zu betreten.
vor dem spiel ist nach dem spiel, sagt man, doch zunächst herrscht noch ruhe vor dem sturm. das gras, noch feucht vom morgentau, bohrt sich durch die zehen, die natur summt schier fröhlich vor sich hin und die fleischfressende pflanze fängt gelassen sein erstes opfer. wir entscheiden uns zuweilen ein allerletztes mal auf risiko zu spielen und siehe da! das letzte loch einer sonst so glimpflich ausgegangenen partie tut sich weiter auf als erhofft. es reißt uns weit abwärts in die tiefe.18th hole or 6 feet under?
nun geht alles auf einmal ganz schnell. wir verlieren die orientierung und finden keinen halt. ja, wir befinden uns im freien fall. was und vor allem wie es vorher war, mögen wir kaum noch zu erinnern. als wäre der sturz, man möchte fast sagen die bruchlandung, nicht genug, setzt er zum stich an. schmerzhaft aber irgendwie auch schön. die haut ist offen und bleibt verletzt für immer vom moment gezeichnet. die vom pigment getränkten narben trägt später dann die malerei. das staunen über die vielen schichten, die fasern, die farben, über all das was eigentlich dahinter liegt, lenkt uns ab. wir bleiben nicht am ball und greifen ins leere. das passspiel ist verloren. get back on your horse wendy.
für eine weile tauchen wir unter. die karten sind neu gemischt, aber die regeln müssen wir noch lernen. nun spielt jede*r für sich. wir schwimmen ohne kompass auf offener see. uns fehlt die bodenhaftung, als wir uns selbst im fischglas erblicken. was bleibt sind hyperthropierte formen und das gefühl der machtlosigkeit. im licht der untergehenden sonnen erkennen wir, dass eine letzte chance im killen der segel liegt: die intuition führt uns zurück zum spielerisch gekonnten handeln. das unkontrollierte manöver verspricht im augenblick das größte potenzial, denn kaum losgelassen dreht der wind, das blatt wendet sich und ja, wir sind auf neuem kurs. wir holen dicht und nehmen fahrt auf. in diesem sinn: schiff ahoi! und don’t go bananas on the high sea.
Stefanie Reisinger

Dorotheergasse 12/1, 1010 Wien
Charim Galerie
Die Charim Galerie, gegründet 1997, präsentiert international tätige Künstler:innen an zwei Standorten in Wien. Begleitet von Veranstaltungen und Publikationen wird auch ein breiteres Publikum adressiert, um vor allem jungen, aufstrebenden Künstler:innen Öffentlichkeit und einen Marktzutritt zu verschaffen. Ein wesentlicher Teil unserer galeristischen Arbeit dient, neben Messeteilnahmen und der Platzierung von Werken in privaten und öffentlichen Sammlungen, der Vernetzung durch die Zusammenarbeit mit Kurator:innen sowie Kunstinstitutionen.
Katarina Spielmann
18 Oct 2020 - 5 Dec 2020
CHARIM GALERIE
charim@charimgalerie.at
Katarina Spielmann