Die Sonderausstellung im Sigmund Freud Museum zielt auf das Unheimliche – auf jene Gemütsregung, die einst Freuds Interesse weckte und in der Kunst seit jeher zum Bildgegenstand erhoben wird. In medialer Vielschichtigkeit verdeutlichen Werke von Louise Bourgeois, Heidi Bucher, Gregory Crewdson, Birgit Jürgenssen, Helmut Newton, Hans Op de Beeck, Stephanie Pflaum (im Schauraum Berggasse 19), Markus Schinwald, Esther Shalev-Gerz, Cindy Sherman, Jeff Wall, Kai Walkowiak und Francesca Woodman die aktuelle und wechselseitige Einwirkung von Psychoanalyse und Kunst.
So wie dieses spezifische Angstgefühl — nicht zuletzt angesichts der aktuellen Weltlage – an die Oberfläche des menschlichen Bewusstseins dringt, so schlägt es sich auch in der zeitgenössischen Kunst nieder. Die gezeigten internationalen Positionen begegnen dem Unheimlichen in metaphorischen Kompositionen von deformierten oder entblößten Körpern ebenso wie in hintergründigen Inszenierungen, die das Grauenerregende oft erst nach und nach erkennen lassen.
Auf die Fähigkeiten der Künste, dem Unheimlichen Ausdruck zu verleihen, verweist Freud schon 1919 in seinem gleichnamigen Text. Dabei erscheinen ihm insbesondere die Schilderungen der Dichtung sogar reichhaltiger als das tatsächlich Erlebte. Sowohl die von ihm angeführten Literaturbeispiele wie die Bedeutungsanalyse des Begriffs „unheimlich“ führen ihn zum selben Ergebnis: das Unheimliche ließe sich sowohl auf Vertrautes (Heimeliges) wie auf Verdrängtes (Heimliches) zurückführen. Vor allem der „verhüllte Charakter“ dieser Empfindung löse Grauen in uns aus. Zahlreiche Werke der Gegenwartskunst bestätigen Freuds Einsichten, nehmen das Unheimliche entweder direkt in den Fokus oder evozieren das Gefühl durch nahezu unscheinbar wirkende Irritationen, deren Bedeutung erst bei näherer Betrachtung offenkundig wird und über die unheimliche Empfindung Aufschluss gibt.
Sigmund Freud Museum
Wien IX, Berggasse 19. An dieser Adresse lebte und arbeitete Sigmund Freud 47 Jahre, ehe er 1938 vor den Nationalsozialisten fliehen musste. Seit 1971 befindet sich hier das Sigmund Freud Museum, das 2020 nach umfassender Sanierung und Erweiterung neueröffnet wurde. Drei Dauerausstellungen in den ehemaligen Wohn- und Ordinationsräumen Freuds, eine Kunstpräsentation im Schauraum Berggasse 19 sowie Sonderausstellungen vermitteln Freuds vielschichtiges kulturelles Erbe: Sie sind seinem Leben und Werk gewidmet, der Entwicklung der Psychoanalyse in Theorie und Praxis und ihrer Bedeutung für die Bereiche Gesellschaft, Wissenschaft und Kunst. Auch die Geschichte des Hauses Berggasse 19 sowie die bewegten Schicksale seiner Bewohnerinnen und Bewohner werden ins Blickfeld gerückt.
DAS UNHEIMLICHE. Sigmund Freud und die Kunst
26 Apr 2024 - 4 Nov 2024
Sigmund Freud Museum, Berggasse, Wien, Österreich