Eröffnung:

Donnerstag, 4. April, 18-21 Uhr

 

Die Arbeiten von Kristof Santy (*1987 in Belgien, lebt und arbeitet in Roeselare) bewegen sich an der Schnittstelle von Einzigartigkeit und Gemeinsamkeit. Indem er seine Sujets auf ihre wesentlichsten, unmittelbar erkennbaren Formen abstrahiert und sie anschließend mit Elementen seiner subjektiven Wahrnehmung, seiner Erinnerung und persönlichen Involvierung rekonstruiert, gewinnen sie an Vertrautheit, ohne in Verallgemeinerungen abzugleiten. Vielmehr ermöglicht Santy den Betrachtenden durch diesen intuitiven Prozess der Subtraktion und Addition eine Auseinandersetzung mit seinen Bildern über eine gemeinsame Erfahrung von Soziabilität. In diesem Sinne ähneln seine Werke Images d’Épinal: idealisierte, zugängliche Perspektiven kommunaler Lebensrealitäten, die unser kollektives Bewusstsein aktivieren.



Auch konzeptionell ist Kollektivität eine wesentliche Komponente in Santys Bildern. Trotz seines bewussten Verzichts auf jegliches bildinternes Narrativ ist jedes Werk mit einer Art assoziativer Metadaten und dabei insbesondere mit Spuren menschlicher Präsenz verknüpft. Die Bildgegenstände sind daher eher Artefakte als Naturalien, auf Funktionalität hin entworfen: Ob Schraube, Kaffeemaschine, Spüle oder Speiseteller, Santys Ikonographie des Alltäglichen impliziert stets das menschliche Eingreifen. So koexistieren die abgebildeten Objekte fast empathisch mit anthropoiden Energien, die bereits verschwunden sind oder erst noch eingreifen müssen.



Und selbst wenn wir als Menschen, als Schöpfende und Nutzende, auf diese Weise involviert sind, bedeutet das nicht, dass wir den Zugang zu den Realitäten von Santys Kompositionen kontrollieren. Vielmehr nehmen wir eine passive Rolle ein, die Bildobjekte kommen förmlich auf uns zu: Sie dehnen sich bedrohlich bis an den Rand ihrer Leinwände hin aus, stoßen in ihrem Format beharrlich an die Grenzen der ihnen zugewiesenen Flächen und drohen, uns in ihre Welt zu ziehen. Indem Santy seine Sujets so inhaltlich wie formal reskaliert, sie also den exklusiven Regeln ihrer medialen und bildlichen Kodifizierung anpasst, schafft er eine prekäre, einschüchternde Balance, die die Beziehung des Dargestellten zu seiner physischen Umgebung transformiert und dabei unser eigenes Körperbewusstsein reformiert.



Sofern Narration eine bloße Annahme bleibt, bricht die inhaltliche Bewegungslosigkeit von Santys Gemälden unser konventionelles Verständnis von Zeit als einer kontinuierlichen Abfolge von Existenz, die sich in einer scheinbar linearen Progression von der Vergangenheit über die Gegenwart bis in die Zukunft entfaltet. Stattdessen emittieren Santys Werke eine transtemporale Ruhe, eine Stille, die sich aus einer einzigartigen Dichotomie von formaler und inhaltlicher Planarität ergibt: Wiederkehrende, kräftige Farben, geometrisierte und geflachte Formen überziehen die Leinwand mit präzisen, glatten Pinselstrichen und transformieren sie weniger in einen Bildraum im traditionellen Sinne als in eine Fläche mit räumlichem Potenzial.



Auf diese Weise entsteht Räumlichkeit nicht mit Mitteln der Perspektive, sondern durch Farbe und bietet eine erweiterte Perspektive auf Greenbergs Konzept der flatness. Diese Flachheit, die sich fast zirkulär durch die Kunstgeschichte zieht (man denke nur an mittelalterliche Bildgestaltung sowie den Fauvismus und abstrakte Malerei), ermöglicht und bedingt in Santys Werken eine unerwartete Monumentalität des Dargestellten. Dieselbe Monumentalität, obwohl in zwei Dimensionen angelegt, setzt sich in eine dritte fort und richtet sich sowohl auf die Umgebung als auch auf die Betrachtenden. Auf diese Weise wird jedes Bildelement entfaltet, alles wird sichtbar, lesbar und verstehbar.



In Epinal entwirft der Künstler somit einen Schauplatz kollektiver Wahrnehmung, in dessen Rahmen er uns ein Archiv von Lebensfragmenten präsentiert, eine Neukonzeption und Neuinszenierung der bildnerischen Dialektik zwischen Oberfläche und Tiefe, Realität und Wirkung, Materialität und Bedeutung. Durch die bewusste Abkehr von Narration zugunsten einer immobilen Monumentalisierung des Alltäglichen untersucht Santy das Triviale, fordert dazu heraus, sich dem Gewohnten mit geschärftem Bewusstsein zu stellen, und provoziert die Reflexion unserer eigenen Images d’Épinal. (Teresa Kamencek, 2024)

ART SPACE

Schleifmühlgasse 1A, 1040 Wien

https://christinekoeniggalerie.com/

+43 1 585 74 74

office@christinekoeniggalerie.at

Christine König Galerie

Christine König Galerie wurde 1989 in Wien gegründet. Die Galerie repräsentiert eine Vielzahl internationaler, etablierter Künstler und arbeitet gleichzeitig mit einer dezidiert jüngeren, aufstrebenden Generation. Das Programm der Galerie und die Auswahl der Künstler orientiert sich stark an Themen, die für Christine König relevant sind: Politik und Aktivismus, Feminismus, Literatur, aber auch postkonzeptuelle Ansätze.

Kristof SANTY
Schmink, 2024

Kristof SANTY: Epinal

5 Apr 2024 - 18 May 2024

Christine König Galerie, Schleifmühlgasse, Wien, Österreich

Kristof SANTY Schmink, 2024

Kristof SANTY: Epinal

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