Das Sigmund Freud Museum widmet sich ab 20. Oktober den vielfältigen Möglichkeiten zur kritischen Gewaltdarstellung in Comics. Ausgewählte Arbeiten von über 30 internationalen Künstler:innen spannen in Gewalt erzählen. Eine Comic-Ausstellung einen Bogen von der Shoah über individuelle Gewalterfahrungen bis hin zu aktuellen Konflikten und dem Umgang mit Schutzsuchenden bzw. Unterdrückten. In den vier Ausstellungssektionen „Sexualisierte und geschlechtsbezogene Gewalt“, „Coming-of-Age“, „Shoah“ sowie „Krieg, Flucht und Migration“ eröffnet die neue Sonderausstellung Einblicke in die Erzählstrategien des Mediums und deren Produktivität für die Psychoanalyse. Gezeigt werden u.a. Arbeiten von Alison Bechdel, Anke Feuchtenberger, Regina Hofer/Leopold Maurer, Aline Kominsky-Crumb, Ulli Lust, Rutu Modan, Joe Sacco, Marjane Satrapi, Art Spiegelman, Gene Luen Yang und Barbara Yelin.
Vergleichbar mit den von Freud beschriebenen Funktionen der Traumarbeit, nämlich der Verschiebung und Verdichtung, bringen Comics an den dargestellten Körpern Emotionen verfremdet und überzeichnet zum Ausdruck. Körper werden in Comics grundsätzlich in ihrer Verletzbarkeit vorgeführt – an ihnen werden Empfindungen, Schmerz und Aggression verkörpert.
Mit ihren vielfältigen Verfahren und ästhetischen Möglichkeiten, Erleben von Gewalterfahrungen darzustellen, eignen sich Comics auch dazu, Verdrängtes, Unaussprechliches und Tabuisiertes aufzuzeigen – sie können dazu dienen, Traumata zu adressieren und neue Perspektiven darauf zu eröffnen. Dabei bieten sie auch für die Psychoanalyse interessante Anknüpfungspunkte, vor allem in Hinblick auf das Thema Gewalt.
Die Ausstellung, die bis 8. April 2024 in Freuds früheren Wohnräumen zu besichtigen ist, legt den Schwerpunkt auf Underground Comics und alternative Comics. Sie umfasst (auto)biografische, journalistische und fiktive Arbeiten, die als eigenständige Bücher, in Anthologien, in Comic-Magazinen oder als Webcomics publiziert wurden.
Sigmund Freud Museum
Wien IX, Berggasse 19. An dieser Adresse lebte und arbeitete Sigmund Freud 47 Jahre, ehe er 1938 vor den Nationalsozialisten fliehen musste. Seit 1971 befindet sich hier das Sigmund Freud Museum, das 2020 nach umfassender Sanierung und Erweiterung neueröffnet wurde. Drei Dauerausstellungen in den ehemaligen Wohn- und Ordinationsräumen Freuds, eine Kunstpräsentation im Schauraum Berggasse 19 sowie Sonderausstellungen vermitteln Freuds vielschichtiges kulturelles Erbe: Sie sind seinem Leben und Werk gewidmet, der Entwicklung der Psychoanalyse in Theorie und Praxis und ihrer Bedeutung für die Bereiche Gesellschaft, Wissenschaft und Kunst. Auch die Geschichte des Hauses Berggasse 19 sowie die bewegten Schicksale seiner Bewohnerinnen und Bewohner werden ins Blickfeld gerückt.
Gewalt erzählen. Eine Comic-Ausstellung
20 Oct 2023 - 8 Apr 2024
Sigmund Freud Museum, Berggasse, Wien, Österreich
Heute ist der letzte Tag vom Rest deines Lebens © Ulli Lust & avant-verlag, 2009