VIENNA ART WEEK 2021

Stella Rollig: Kontrollverlust zulassen kann befreien

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Stella Rollig ist Generaldirektorin des Belvedere.

© Ingo Pertramer

Kontrollverlust zulassen kann Unsicherheit und Angst erzeugen, aber auch befreien – im Leben, sowie in der Kunst. Zufall und Loslassen werden von Künstler_innen seit der Avantgarde des frühen 20. Jahrhunderts eingesetzt, um das Bild vom heroischen Künstler und seiner autonomen Schöpferkraft zu dekonstruieren. So haben die Surrealist_innen das Prinzip des Cadavre Exquis eingeführt, Jackson Pollock hat mit seinen Drip Paintings der Eigengesetzlichkeit des Farbmaterials Raum gegeben, und ein heimischer Vertreter des Informel wie Arnulf Rainer leistete in der Malerei einen wichtigen Beitrag zum Spiel mit dem Kontrollverlust, dem er sich durch die Einnahme bewusstseinsverändernder Substanzen aussetzte. Einprägsame Arbeiten in diesem Spannungsfeld sind auch Vito Acconcis Spaziergänge, bei denen er Fremden auf der Straße gefolgt ist, oder Yoko Onos Cut Piece, bei dem sie das Publikum dazu aufforderte, kleine Stücke ihrer Kleidung abzuschneiden, und sich völlig passiv der eskalierenden Situation überließ. Matt Mullican ist zu nennen, der mit Hypnose experimentiert. Auch Lois Weinberger, dessen Werk im vergangenen Sommer im Belvedere 21 eine große Ausstellung gewidmet war, überließ in seiner Arbeit mit Pflanzen diesen selbst die Entwicklung des niemals endgültigen Werkzustands. … Die Reihe der Beispiele wird lang und länger… und mir wird bewusst, wie spannend diese Ansätze sind und wie viele meiner Lieblingswerke sich dem Kontrollverlust verdanken.

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