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WIENER GALERIEN CHECK-IN #2

Teil 2 einer dreiteiligen Blogpost-Serie: Galerie nächst St. Stephan Rosemarie Schwarzwälder, Projektraum Viktor Bucher, Suppan

Jongsuk Yoon: Kumgangsan, 2022. Foto © Achim Kukulies Courtesy Galerie nächst St. Stephan Rosemarie Schwarzwälder

Wien hat sich in den letzten Jahren zu einer spannenden und dynamischen zeitgenössischen Kunstlandschaft entwickelt – nicht zuletzt durch den Zuwachs von jungen heimischen Galerien und Niederlassungen großer internationaler Galerien. Aber auch alteingesessene Galerien tragen mit ihrem Programm wesentlich dazu bei. In weiterer Folge ist es die Synergie von Galerist*innen, Kurator*innen, Künstler*innen, Kritiker*innen und Sammler*innen, die die Kunstwelt prägt und es Künstler*innen ermöglicht, herrschende Strukturen zu durchbrechen und ihre Normen und Werte zu diversifizieren – Stichwort „Challenging Orders“, unser heuriges Motto bei der Vienna Art Week. Galerien spielen dabei als Treffpunkt und Plattform eine wichtige Rolle, indem sie die Protagonist*innen der Kunstbranche zusammenbringen. Wir haben uns wieder bei ein paar Wiener Top-Galerien umgesehen und mit den Galerist*innen u.a. über Chancen für junge Künstler*innen in Wien, Social Media und Verbesserungsmöglichkeiten in der Szene gesprochen.

JONGSUK YOON: Rivers, 2022. Foto © Achim Kukulies Courtesy Galerie nächst St. Stephan Rosemarie Schwarzwälder

GALERIE NÄCHST ST. STEPHAN ROSEMARIE SCHWARZWÄLDER

1978 übernahm Rosemarie Schwarzwälder die Geschäftsführung der Galerie nächst St. Stephan (gegründet 1954), die sie 1989 erwarb und die seither einen Doppelnamen trägt. Bereits in den 1980er-Jahren gab es in der Galerie eine Fokussierung auf Klassiker der Minimal Art – die zuvor in Wien noch nie ausgestellt wurden –, postminimalistische, abstrakte und konzeptuelle Positionen. Diese wurden nach und nach um eine Schwerpunktsetzung auf unterschiedliche malerische Diskurse und später um künstlerische Reflexionen zu Biopolitik und digitalen Medien erweitert.

Die glückliche Mieterin einer architektonisch reizvollen Institution mit einer beeindruckenden Geschichte zu sein, sei Rosemarie Schwarzwälders persönlicher Anreiz, in Wien eine Galerie zu betreiben. „Im Allgemeinen gibt es hier in Wien einen künstlerischen ‚melting pot‘, da sich viele Künstler*innen aus anderen Ländern und Kontinenten diese Stadt als Lebens- und Arbeitsort ausgesucht haben und zu einer spannenden Dynamik beitragen, die diese Kunststadt charakterisiert“, so die Galeristin. Auch, dass vermehrt internationale Galerien in Wien eine Dependance eröffnen, sieht sie als eine sehr positive Entwicklung.

Und wie steht es um aktuelle Chancen und Möglichkeiten für junge Künstler*innen, sich in Wien zu etablieren? „Das ist manchmal Glückssache. Man muss aber bereit sein, sehr passioniert zu arbeiten, um eigene Kriterien zu entwickeln. Das kann nicht nur auf Social Media passieren“, meint Schwarzwälder. Instagram fördere das schnelle Lancieren und Konsumieren von Bildern – was allerdings nicht unbedingt zu mehr Nachhaltigkeit und Qualität führe: „So stellt sich die Frage, welche Rolle Social Media ganz allgemein für die Aufnahme und die Bewertung von Kunst einnehmen kann.“

Christian Hutzinger: Ohne Titel (CH 16/2022). Wandmalerei. © Projektraum Viktor Bucher

PROJEKTRAUM VIKTOR BUCHER

Regulär gibt es seinen Projektraum in der Praterstraße 13 seit 1998, „irregulär“ fördert Viktor Bucher dort junge Künstler*innen und ungewöhnliche Produktionen bereits vier Jahre länger: der „lebendige“ und nicht statische Ausstellungsraum hat mit seinem breit gefächerten Ausstellungs- und Künstlerprogramm interessante und regional unterschiedliche junge Künstler*innen nach Wien gebracht. Die Ausstellungen wurden sowohl in Österreich als auch international mit großem Erfolg gezeigt und haben den Künstler*innen geholfen, sich auf internationaler Ebene zu entwickeln und zu behaupten.

Was sind die größten Herausforderungen, wenn man heute in Wien eine Galerie betreibt? „Man muss einen langen Atem haben“, so Bucher. Die „Anerkennung in jeder Form“ mache das allerdings wieder wett. Und wodurch zeichnet sich die Wiener Kunstszene für ihn aus? „Sie deckt so ziemlich alles ab – was fehlt ist Neugierde.“ Um sich als junge/r Künstler*in in Wien zu etablieren, brauche es neben der Unterstützung durch Galerien und hoher Qualität der Arbeiten seiner Meinung nach auch viel Eigenengagement. Kunstmessen und Ausstellungsbeteiligungen seien weitere wichtige Tools für in Wien lebende Künstler*innen, um sich vor allem international besser zu positionieren.

SUPPAN, Dead Flower, Ausstellungsansicht, Foto: kunst-dokumentation.com, Courtesy SUPPAN Wien

SUPPAN

Von Martin Suppan 1974 gegründet, vertritt SUPPAN internationale aufstrebende und etablierte Künstler*innen. Das Programm der Galerie beinhaltet Einzelausstellungen und große Retrospektiven sowie kuratierte thematische Gruppenausstellungen mit dem Ziel, einen Dialog zwischen zeitgenössischen Künstler*innen und ausgewählten Positionen des 20. Jahrhunderts herzustellen.

„In den letzten Jahren ist es eine große Herausforderung geworden, Besucher*innen in die Galerie zu bekommen“, erzählt Sebastian Suppan, der die Galerie heute gemeinsam mit seiner Mutter leitet. „Einerseits durch das breite Onlineangebot, aufgrund dessen sich das Kaufverhalten verändert hat, andererseits weil Kunstinteressierte und Sammler*innen ihre Zeit effizienter zu nutzen versuchen und vermehrt Kunstmessen und Kunstauktionen besuchen.“ Seiner Meinung nach herrsche eine gewisse Hemmschwelle, eine Galerie zu betreten – dieser müsse man entgegenwirken. Zudem sei es eine Herausforderung, die junge Generation jenseits des dekorativen Mainstreams zum Kunstsammeln zu begeistern.

Das Spannendste daran, eine Galerie zu betreiben, sei für Suppan der Austausch mit den facettenreichen Teilnehmer*innen des Kunstmarkts: „Es sind nicht nur die faszinierenden Gespräche mit Künstler*innen bei Atelierbesuchen, interessanten Begegnungen mit manchmal ‚hochkarätigen‘ Kunstsammler*innen oder prickelnden Diskussionen mit Kunsthistoriker*innen oder Kritiker*innen, sondern auch, diese unterschiedlichen Protagonist*innen der Branche zusammen zu bringen. Oft entstehen dabei sehr gute Bekanntschaften und manchmal sogar enge Freundschaften.“ Ein weiterer Anreiz sei für ihn das Mitgestalten der Kunstlandschaft sowie Künstler*innen dabei zu unterstützen, in der Öffentlichkeit gesehen und geschätzt zu werden und ein wesentlicher Initiator für deren Entwicklung zu sein. Allerdings gäbe es in Wien einen Mangel an großen Privatsammlungen, die mit ihren Ankäufen und diversen Initiativen viel zur Entwicklung der Künstler*innen sowie auch zur restlichen Branche beitragen würden. Auch sollte es seiner Ansicht nach mehr steuerliche Entlastungen bei Kunstankäufen, Spenden an öffentliche Institutionen/Museen oder sogar Förderungen für z.B. den Bau von Privatmuseen geben. Das würde nicht nur den Künstler*innen helfen, sondern auch den Standort Österreich als künstlerische Produktionsstätte noch nachhaltiger stärken.

Text: Angelika Seebacher

Jongsuk Yoon: Rivers, 2022. Foto © Achim Kukulies Courtesy Galerie nächst St. Stephan Rosemarie Schwarzwälder
Jongsuk Yoon: Kumgangsan, 2022. Foto © Achim Kukulies Courtesy Galerie nächst St. Stephan Rosemarie Schwarzwälder
SUPPAN, Dead Flower, Ausstellungsansicht, Foto: kunst-dokumentation.com, Courtesy SUPPAN Wien
SUPPAN, Michael Ornauer, 16x12, Ausstellungsansicht, Foto: kunst-dokumentation.com, Courtesy SUPPAN Wien
Christian Hutzinger: Ohne Titel (CH 16/2022). Wandmalerei. © Projektraum Viktor Bucher
Christian Hutzinger: o.T. (CH 01/2008), Acryl auf Lwd., 70 x 70 cm. Foto: Lukas Dostal © Projektraum Viktor Bucher
Christian Hutzinger: o.T. (CH 14/2021), Acryl auf Lwd., 70 x 70 cm. Foto: Lukas Dostal © Projektraum Viktor Bucher

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