EXHIBITIONS

Und die Frauen? Picasso in der Albertina

Pablo Picasso gilt als Jahrhundertgenie.
Jetzt widmet die Albertina dem Künstler anlässlich seines 50. Todesjahres eine Personale mit 70 Werken.

Ein Text von Sabine B. Vogel

Pablo Picasso, Nackte Frau mit Vogel und Flötenspieler, 1967, Öl auf Leinwand, ALBERTINA, Wien – Sammlung Batliner © Succession Picasso/ Bildrecht, Wien 2023

Pablo Picasso gilt als Jahrhundertgenie. Kaum ein Künstler veränderte seinen Stil so oft so radikal, kaum einer prägte derartig viele Epochen und beeinflusste auch nur annähernd so viele Künstlerkollegen weltweit. Jetzt widmet die Albertina dem 1881 im spanischen Malaga geborenen, am 8. April 1973 in Frankreich gestorbenen Künstler anlässlich seines 50. Todesjahres eine Personale mit 70 Werken. Sämtliche Exponate stammen aus eigenen Beständen, nur die Papierarbeiten allerdings gehören dem Haus. Die 14 Gemälde und die Keramiken sind Dauerleihgaben, großteils aus der Sammlung Batliner. Die Ausstellung zeigt uns die wichtigsten Phasen und Medien des Künstlers – und ist dabei gezielt harmlos angelegt. Zu Beginn sehen wir die „Schlafende Trinkerin“ (1902) aus seiner Blauen Periode. Picasso verarbeitet hier den Tod seines Freundes Casagemas, der sich aus enttäuschter Liebe das Leben nahm. Diese von einer melancholischen Stimmung und bläulich-grünen Farben geprägte Phase dauerte von 1901 bis 1905, umfasst knapp 100 Werke und brachte Picasso damals den künstlerischen Durchbruch in Paris. Aus seiner kubistischen Phase erstmals überhaupt in der Albertina ausgestellt ist „Etagere“ von 1911, zum Surrealismus zugeordnet wird „Frau, Skulptur und Vase mit Blumen“ von 1929 – eine krasse Darstellung seiner Noch-Ehefrau Olga und gleichzeitigen Affäre mit Marie-Therese Walter, die sich 1977 erhängte.

Pablo Picasso, Femme, Sculpture et Vase de Fleurs, 1929, Öl auf Leinwand, ALBERTINA, Wien – Privatsammlung, in Gedenken an Monique Barbier-Mueller, Schweiz © Succession Picasso / Bildrecht, Wien 2023

 

 

Hier kommt ein Thema in den Blick, das von der Schau keineswegs intendiert, aber nicht auszuklammern ist: Picasso als „frauenverschlingender“ Mann, wie er einmal genannt wurde. Oft hieß es früher, Picasso habe die Frauen vergöttert. In Bildern wie diesem dekonstruiert er sie. Man ahnt hier, was seine Enkelin Marina Picasso einmal über die Frauen ihres Großvaters schrieb: „Er unterwarf sie seiner animalischen Sexualität, zähmte sie, betörte sie, nahm sie in sich auf und zerquetschte sie auf seiner Leinwand.“ In den Saaltexten aber wird dieses Thema nicht weiter verfolgt, stattdessen steht die breite Palette der biographischen Zusammenhänge im Fokus. So sei sein barock erscheinender, toter Fasan von 1938 mit politischer Symbolik aufgeladen, lesen wir auf dem Saaltext, als Verweis auf die Opfer des spanischen Bürgerkriegs. Oder die Lithografien und Linolschnitten: Nach dem Krieg experimentierte Picasso mit Lithographien, bei denen er Kratzeisen und Schaber einsetzte. Ende der 1950er, Anfang der 1960er Jahre entdeckte er den Linoldruck – und machte dieses Verfahren erstmals salonfähig. Die hoch deckenden, satten, kräftigen Farbschichten druckte er nicht, wie damals üblich, mit mehreren Platten nacheinander auf. Er verwendete für den ganzen Prozess nur eine einzige Platte, was eine hohe Präzision erforderte. Picasso verarbeitete hier mit harten Strichen Zitate aus der Kunstgeschichte, etwa Cranachs „Porträt einer jungen Frau“ oder Manets „Frühstück im Freien“.

Pablo Picasso, Die Taube im Flug, 1950, Lithographie, ALBERTINA, Wien © Succession Picasso/ Bildrecht, Wien 2023

 

Und die Keramiken: Picasso fertigte fast 4000 Keramiken an, vor allem Gebrauchsobjekte: Teller, Schalen, Krüge und Vasen mit Fisch-, Eulen und Spiegelmotiven. Mit frei fließenden Linien von Hand aufgemalt, entwickelte er auch in diesem Medium einen Stil mit hohem Wiedererkennungseffekt. In jener französischen Töpferwerkstatt in Vallauris, in der er die Werke produzierte, arbeitete die Verkäuferin Jacqueline Roque. Sie lernten sich 1953 kennen, als damals 27-jährige malte Picasso sie erstmals, 1961 wurde sie Picassos zweite Ehefrau – und mit 400 Portraits sein meist dargestelltes Modell. Nach Picassos Tod verwaltete sie sein Erbe, nach der von ihr mit-arrangierten Picasso-Ausstellung 1986 nahm sie sich das Leben – das nie ihr eigenes war.

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