EXHIBITIONS

Mangelüberwindungen im Freiraum – Thomas Feuersteins „Metabolica“

Thomas Feuerstein verwandelt das MQ in ein spekulatives Biolabor – mit Schläuchen, Algen und einer Skulpturenproduktion aus Bioplastik. Ein Text von Sabine B. Vogel.

Ausstellungsansicht METABOLICA – Thomas Feuerstein, MQ Freiraum © Atelier Feuerstein / Bildrecht Wien, 2025 | MuseumsQuartier Wien, Foto: Thomas Meyer

Mengen gigantischer Schläuche durchziehen den Freiraum und verwandeln die beiden Ausstellungsräume des Museumsquartiers in ein biochemisches Labor. Grünliche Flüssigkeiten wabern zwischen den überdimensionalen, in giftigen Farben erleuchteten Apparaturen. Man meint sich in einem futuristischen Forschungslabor zu befinden mit all den apparativen Anordnungen, Pumpen und Filtern.

 

Von Reaktoren fließt alles in eine Art Raffinerie. Hinten bewegt sich eine Art Bohrturm hoch und runter. Öl kann ja nicht gepumpt werden, das hat ein Ausstellungsraum nicht zu bieten. Aber was wird hier destilliert, produziert? Und was macht der gestrandete Wal im zweiten Raum – oder ist das „Hydra“ betitelte Objekt ein U-Boot?

Ausstellungsansicht METABOLICA – Thomas Feuerstein, MQ Freiraum © Atelier Feuerstein / Bildrecht Wien, 2025 | MuseumsQuartier Wien, Foto: Thomas Meyer

Thomas Feuerstein nennt seine beeindruckende Solopräsentation „Metabolica“. Der in Innsbruck geborene Künstler ist bekannt für seine als Versuchsanordnungen inszenierten Skulpturen, in denen Philosophie, Kunstgeschichte und Biotechnologie auf Aspekte von Ökonomie und Politik treffen. Oft interessieren ihn existentielle Grundparameter, Fragen nach dem Ursprung des Lebens, nach Möglichkeiten autonomer Maschinen und allwissender Algorithmen. Seine Ausstellungen erinnern an Laborküchen, manchmal an eine Fabrik.

 

Auf seiner Suche nach neuen Bedeutungszusammenhängen ist Faktisches oft nicht klar von Fiktivem zu trennen, zumindest nicht für Laien des Fachs der Biochemie. Wie so oft in seinen Installationen fasziniert auch in „Metabolica“ die schmale Grenze zwischen den Disziplinen, die starke visuelle Gestaltung, die bildliche Überspitzung von Prozessen, mit denen Feuerstein hier „Möglichkeiten für einen politischen und ökonomischen Wandel“ aufzeigt.

Ausstellungsansicht METABOLICA – Thomas Feuerstein, MQ Freiraum © Atelier Feuerstein / Bildrecht Wien, 2025 | MuseumsQuartier Wien, Foto: Thomas Meyer

Dafür legt er seine Schau in fünf „Kapiteln“ an und lässt einzellige Grünalgen wachsen. Dank der Wandtafeln erfahren wir, dass „Hydra“ ein Fotobioreaktor ist, der das Plankton filtriert und die Biomasse in die Skulptur „Fatty Fantasy“ pumpt. Die umgebaute Ölpumpe heißt „Mobby Dick“ und fördert nachwachsendes Plankton. Die Bioreaktoren heißen „Ms Mol und Mr Mol“, hier wandeln Bakterien die Fettsäuren der Algen in den Biokunststoff Polyhydroxybutyrat um (PHB). Zusammen verbildlichen die beiden Bioreaktoren die Struktur eines PHB-Moleküls, erfahren wir. Ihre Form erinnere an Micky Maus.

 

Im letzten Kapitel werden Skulpturen aus PHB mittels 3-D-Drucker „hervorgebracht, in Formen gegossen oder thermoplastisch modelliert“. Der gesamte Prozess zielt laut Erklärungstafeln auf Aspekte wie Kreislaufwirtschaft, Verknappung von Ressourcen, Biodiversität und „Lösungen, um den ökologischen Mangel zu überwinden“. Es sei eine „Fabrik des Lebens“ – klingt höchst anspruchsvoll? Ist es auch!

Ausstellungsansicht METABOLICA – Thomas Feuerstein, MQ Freiraum © Atelier Feuerstein / Bildrecht Wien, 2025 | MuseumsQuartier Wien, Foto: Thomas Meyer