EXHIBITIONS

Pink ist feminin – Louise Bourgeois im Unteren Belvedere

Mehr als nur kolossale Spinnen! Sabine B. Vogel über die Kunst von Louise Bourgeois, zurzeit zu sehen im Unteren Belvedere.

Louise Bourgeois, Roof Song, 1947 Foto: Eeva Inkeri, © The Easton Foundation / Bildrecht, Wien 2023 Privatsammlung, New Jersey.

Zwischen Oberen und Unteren Belvedere, mitten in dem barocken Garten, versteckt sich zwischen den Hecken eine bronzene Riesenspinne von Louise Bourgeois. Für diese Skulpturen ist die Künstlerin berühmt. Spinnen dienen ihr als Hommage an ihre Mutter, die als Restauratorin von Tapisserien arbeitete.

Im Unteren Belvedere ist jetzt in der großartigen Schau „Unbeirrbarer Widerstand“ die Mutter bzw. Mutterschaft bis zum Einfluss ihrer Psychotherapie auf ihr Werk thematisiert. Aber nicht ihre Skulpturen, sondern erstmals in Europa ihre Malerei steht im Zentrum der großartigen Schau. Rund 60 von insgesamt 100 bekannten Gemälden sind in einen beeindrucken Dialog zu ausgewählten Skulpturen gesetzt.

Louise Bourgeois im Atelier ihrer Wohnung in der 142 East 18th Street in NYC, um 1946 Foto: © The Easton Foundation / Bildrecht, Wien 2023 und VAGA at ARS, NY.

Bourgeois wurde 1911 in Paris geboren. 1938 zog sie nach New York, wo sie im Mai 2010 starb. Von dem Moment ihrer Übersiedlung bis 1949 malte sie. Danach nahm sie nie wieder den Pinsel in die Hand.

In der Ausstellung kommen noch spätere Graphikzyklen dazu. Die Kombinationen zeigen beeindruckend die künstlerische Entwicklung. Man erkennt in den Bildern immer wieder Motive, die später ihre Skulpturen bestimmen. Vor allem ist in diesem Dialog unübersehbar, wie sehr die Themen ihrer Kindheit entspringen, in den Gemälden weitgehend offensichtlich, in den Skulpturen transformiert.

Die frühen Bilder sind von einer diffusen Traurigkeit bestimmt, später kommt Wut und Humor dazu. Immer wieder malt sie Bäume, Spiralen, hochhausähnliche Formen auf extrem schmalen Hochformaten. Manches erscheint in den Gemälden surreal wie das Haus als Kopf auf einem nackten Frauenkörper, das kombiniert mit ihren „Zellen“ die innewohnende Ambivalenz zwischen Schutz und Gefängnis verstärkt.

 

Louise Bourgeois, Cell (The Last Climb), 2008 Foto: Christopher Burke, © The Easton Foundation / Bildrecht, Wien 2023 Collection National Gallery of Canada, Ottawa.

Allein für die letzte ihrer „Zellen“, die sie 2008 kurz vor ihrem Tod vollendete, lohnt sich der Ausstellungsbesuch, so eindrucksvoll steht die käfigartige Skulptur mit der Originaltreppe aus ihrem New Yorker Atelier im barocken Marmorsaal – was für ein fantastischer Kontrast!

Der letzte Raum ist den Themen Ödipuskomplex und Phallussymbolen gewidmet. Auf dem Weg zurück zum Ausgang können die Bilder dann noch einmal unter einer Anleitung von Bourgeois angeschaut werden, die als Saaltext zitiert wird:

Farbe ist stärker als Sprache. Farbe ist eine unterschwellige Kommunikation. Blau repräsentiert Frieden, Meditation, Flucht. Rot ist Selbstbehauptung um jeden Preis – ohne Rücksicht auf die Gefahren im Kampf – voller Widerspruch und Aggression. Es symbolisiert die Intensität der Emotionen, die im Spiel sind. Schwarz ist Trauer, Reue, Schuld. Rückzug. Weiß bedeutet: zurück an den Start. Es ist eine Erneuerung, die Möglichkeit eines Neubeginns, ganz von vorne. Pink ist feminin. Pink heißt, dass man sich gernhat und akzeptiert.“

Ausstellungsansicht Louise Bourgeois. Unbeirrbarer Widerstand, Österreichische Galerie Belvedere, 2023 Foto: Johannes Stoll, © The Easton Foundation / Bildrecht, Wien 2023.

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